Prof. Dr. med. Werner Hunstein

Curriculum vitae

Als zweiter Sohn des praktischen Arztes Dr. med. Heinz Hunstein und einer der ersten Zahnärztinnen in Deutschland, Dr. med. dent. Dorothea Hunstein, geborene Schmidt aus Bielefeld, wurde ich 1928 in Kassel geboren.

Nach dem Besuch von Volksschule 1934-1938 und Gymnasium 1938-1947 verbrachte ich das Ende der Schulzeit als Luftwaffenhelfer bis September 1944. Dem Einberufungsbefehl entzog ich mich bis zum Eintreffen amerikanischer Truppen im März 1945, versteckt in unserem grossen Grundstück vor der Stadt.

Im nachfolgenden Chaos hatte ich Privatunterricht und legte 1947 eine offizielle Abiturprüfung ab. Da es weder Licht noch Wasser noch Krankenhäuser gab, verstarb mein in kurzer amerikanischer Gefangenschaft mit einer Hepatitis infizierter Vater in unserem Gartenhaus 1946 im Leberkoma. Wir hatten es nach starker Bombenbeschädigung unseres Stadthauses bezogen. Das Erlebnis des langen Sterbens hielt mich von meiner ursprünglichen Absicht, Arzt zu werden, ab. So begann ich mein Studium in Marburg im Wintersemester 1947/48 mit Kunstgeschichte, Germanistik und Romanistik.

Eine Einladung von Schweizer Freunden meiner Eltern ermöglichte mir 1948/49 ein einjähriges Studium an der Universität Basel. Hier hörte ich unter anderen Carl Jaspers in Philosophie, Edgar Salin in Volkswirtschaft, Karl Barth in Theologie und, um dieses Studium universale abzurunden, Zoologie bei Adolf Portmann. Seine brillanten Vorlesungen in der alten Universität am Rheinsprung, Lehrstätte von Nietzsche, führten mich zum Studium der Medizin, das ich, 1950 wieder in Marburg aufnahm.

Nach dem Physikum 1951 setzte ich das Studium in Freiburg im Breisgau im Wintersemester 1951/52 fort. Mit einer Dissertation über Lymphogranulomatose bei Ludwig Heilmeyer beendete ich es 1954.

Meine Zeit als Pflicht-Assistent wurde am Diakonissenhaus Freiburg durch Walter Bergfeld und seinen praxiserfahrenen Diakonissen wesentlich geprägt. Die weitere Ausbildung erfolgte an der Medizinischen Universitäts-Klinik Freiburg. Von dort nahm mich der nach Berlin berufene Pathologe Hans-Werner Altmann, von 1956-1958 mit. Seine Persönlichkeit prägte mich ganz wesentlich: pathophysiologisches Denken im Verein mit stetem kritischen Hinterfragen aller Befunde und Erwägungen. Sodann wechselte ich mit ihm für weitere 6 Monate an die Universität Würzburg. Eine lebenslange Freundschaft mit ihm bis heute belegt das Besondere an dieser Lehrer-Schüler Beziehung.

Zurückgekehrt an die Medizische Klinik Freiburg 1959-1964 setzte ich gemeinsam mit dem Radiologen Ernst Stutz und Hans-Werner Altmann Bestrahlungsversuche an Ratten fort. In der Klinik wurde mir bald als Nachfolger von Herbert Begemann die Leitung des Hämatologischen Labors übertragen. Ich habilitierte mich 1964 in Freiburg, um im selben Jahr als Oberarzt mit Werner Creutzfeldt, Sohn des "Creutzfeldt-Jakob" und Enkel des ersten deutschen Soziologen Werner Sombart, an die Medizinische Klinik und Poliklinik Göttingen zu wechseln.

Dort erlebte ich die Aufteilung der Klinik durch Creutzfeldt in verschiedene Departments nach amerikanischem Vorbild. Dieses förderte die Entwicklung der Subspezialitäten wie: Nephrologie, Diabetologie, Kardiologie, Hämatologie, Pulmonologie usw. und erweckte den Zorn seiner damaligen Mitordinarien. Aber hatten sich nicht schon um die Jahrhundertwende aus der Inneren Medizin Fächer wie Hautklinik, Neurologie und Kinderklinik entwickelt und verselbständigt?

In Göttingen setzte ich meine Arbeiten über experimentelle Knochenmarkfibrosen fort.

1971 im August übernahm ich die Leitung der Heidelberger Medizinischen Universitäts-Poliklinik inmitten einer ungut bewegten sozialistischen Zeit; das sogenannte sozialistische Patienten-Kollektiv hatte sich im Keller der Klinik eingenistet. Nur dank der tatkräftigen Hilfe des damaligen Kultusministers, Herrn Professor Hahn, obsiegten meine aus Göttingen mitgewechselten Mitarbeiter und ich. Im Rahmen der Weiterentwicklung in Subspezialitäten baute ich die Klinik in den nachfolgenden Jahren in einen Schwerpunkt Hämatologie weiter aus, mit dem Ziel, Knochenmarkstransplantationen zu ermöglichen.

So konnten wir 1983 neben einem neuen Bettenhaus, durch einen Skywalk mit dem Haupthaus verbunden, eine Transplantationsstation mit Umkehr-Isolation (sterile Belüftung im Überdruck) einrichten.

Ermutigt durch die tierexperimentellen Erfolge von Theodor Max Fliedner in Ulm, den ich schon seit gemeinsamer Zeiten bei Heilmeyer kannte, gelang es uns 1985 als ersten eine bis heute erfolgreiche Transplantation von Stammzellen aus dem peripheren Blut durch Martin Körbling, jetzt Houston/Texas. Wegen einer Hyperostosis war bei diesem Paienten kein Knochenmark entnehmbar.

Diese Methode, anfangs umstritten und als Selbstregeneration fehlinterpretiert, hat sich, auch durch proliferationskinetische Untersuchungen an unserer Klinik unerwartet schnell zu einem Routineprozess entwickelt.

An meiner Klinik konnten sich viele gute Mitarbeiter frei entfalten. Gemäss den Grundsätzen der von Humboldt Brüder Wilhelm und Alexander sind sich in "meiner" Klinik Lehrer und Schüler auf gleicher Ebene begegnet. Jeder war für seine Forschung und deren Ergebnisse samt eigenständigen Vorträgen, zwar kontrolliert, aber doch eigenverantwortlich in das Gefüge der Klinik eingebettet. Besonders erfolgreichen Mitarbeitern ermöglichte ich Auslandaufenthalte an führenden Institutionen. Dies begann mit meinem ersten Leitenden Oberarzt, Nikolaus Uhl, dann Essen, dem es nach einem Besuch bei Prof. Paul in Glasgow gelang, Langzeit-Knochenmarkkulturen in normalen Brutschränken (!) zu etablieren. Damit setzte er gewissermassen die Studien über Anaemien nun bei Uraemie Patienten fort, die Peter Maria Reisert noch in Göttingen an proteinopriven Ratten mit mir durchgeführt hatte. Diese Anaemiestudien hatten die Aufmerksamkeit von Frederic Stohlman auf sich gezogen, der uns daraufhin mit seinen ersten experimentell nutzbaren Erythropoetinextrakten, einem blauen Pulver, beschenkte.

Ein weiterer Erfolg gelang Bernd Dörken, jetzt Charite Berlin, mit der Produktion humaner monoklonaler Antikörper in Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Krebs-Forschungs-Zentrum DKFZ. Die Chromosomen- analysen von Hartmut Döhner, jetzt Ulm, zusammen mit Peter Lichter vom DKFZ führten zu einer chromosomal begründeten Neueinteilung von akuten Leukaemien.

Mit 68 Jahren erreichte ich, einer der letzten "ordentlichen Professoren", den Emeritus Status im Oktober 1996. Dieses Ausgemustert-Sein fand ein jähes Ende mit der Diagnose einer extrem seltenen Blutkrankheit im Dezember 2004: Lambda Leichtketten Amyloidose.

Darüber gibt diese Website nähere Auskunft. Ich habe sie eingerichtet, nachdem es mir auch in drei Jahren nicht gelungen ist, meine haematologischen Kollegen, bis auf einen, vom Erfolg meiner Weiterbehandlung ohne Chemotherapie seit Anfang September 2006 zu überzeugen, dies gelang anfangs nur mit grünem Tee, dann mit Tee-Extrakt Kapseln, d.h. EpiGalloCatechinGallat = EGCG.

Wieder hatten meine vormaligen Schüler Antonio Pezzutto -mein behandelder Arzt- und Bernd Dörken, beide Charite, die Fäden von Erich Eberhard Wanker und seiner Gruppe, besonders Jan Bieschke, für mich als Lebensfaden weitergesponnen mit dem Rat, die Behandlung als Selbstversuch mittels EGCG fortzuführen, veranlasst durch die in vitro Erfolge dieser Substanz durch Wanker und seiner erfolgreichen Gruppe am Max Delbrück-Centrum in Berlin.

 

N.B.: Prof. Dr. Werner Hunstein verstarb am 16. Februar 2012 in Heidelberg. Die erste randomisierte klinische Studie über EGCG bei kardialer AL Amyloidose startete 2012 in Pavia, Italien, unter der Leitung von Prof. Merlini und Dr. Palladini, und rekrutiert zur Zeit Teilnehmer (siehe ClinicalTrials.gov: EpiCardiAL).